Dr. Gerald Podobnik

CFO Investment Bank, Corporate Bank & ESG – Deutsche Bank AG

Sustainable Finance – was ist das für Sie?

Dr. Gerald Podobnik: Für mich ist nachhaltige Finanzierung die unerlässliche Investition in die Zukunft und für nachfolgende Generationen. Der Klimawandel ist Realität und wir sehen erste Auswirkungen, die drastische Folgen für die Natur und somit auch für die Menschheit haben. Um ein Beispiel zu geben: In der kältesten Stadt Sibiriens – Werchoiansk – haben wir im Juni 2020 Temperaturen von 38 Grad Celsius gesehen. Mit der Folge, dass der Permafrostboden auftaut und Methangas freigesetzt wird, das wiederum deutlich klimawirksamer als CO2 eingeschätzt wird.
Unsere Aufgabe als Bank ist, nachhaltige Finanzierungsangebote und -lösungen unseren Kunden anzubieten, mit denen die offensichtlichen Probleme angegangen werden.

Was ist für Sie der Schlüssel für die erfolgreiche Weiterentwicklung der Sustainable Finance-Bewegung?

Dr. Gerald Podobnik: Primär geht es darum, das Bewusstsein und die unbedingte Notwendigkeit von nachhaltigen Finanzierungen bei unseren Kunden in der Unternehmenskultur zu verankern. Sustainable Finance ist keine Modeerscheinung, die in einigen Jahren nicht mehr chic ist, und sie ist auch kein Selbstzweck. Genau das Gegenteil ist der Fall. Wird Nachhaltigkeit in einem Unternehmen wirklich gelebt, reduziert es zum Beispiel seine CO2-Emissionen. Dies kann über bessere Filteranlagen geschehen oder indem man nachhaltig erzeugte Energie einkauft. Mir ist bewusst, dass diese Investitionen auf den ersten Blick kostenintensiv sein können. Doch dafür sind wir Banken da, um unseren Kunden Produkte anzubieten, mit denen sie diese Investitionen einfacher stemmen können. Ein Aspekt der Nachhaltigkeit ist mir sehr wichtig, der nicht unerwähnt bleiben darf: Nachhaltigkeit führt zwangsläufig zu Innovationen und aus diesen entstehen neue Arbeitsplätze. Das wird bei vielen Berechnungen vergessen, ist aber von immenser Bedeutung.

Welche Rolle spielt hier die Deutsche Bank?

Dr. Gerald Podobnik: Nachhaltige Finanzierung ist tief verankert in der Deutschen Bank. Doch das reicht uns nicht. Daher haben wir klare und messbare Ziele kommuniziert. Von Januar 2020 bis Ende 2022 konnte die Bank das Volumen an ESG-Finanzierungen – also Finanzierungen in den Bereichen Umwelt, Soziales und guter Unternehmensführung – sowie den Bestand an verwaltetem Vermögen in nachhaltigen Anlagen auf insgesamt mehr als 200 Milliarden Euro steigen. Um unser Engagement zu untermauern, strebt die Bank an, bis zum Jahresende 2025 ein kumuliertes Volumen von mehr als 500 Milliarden Euro bei nachhaltigen Finanzierungen und Anlagen zu erreichen. Darüber hinaus hat die Deutsche Bank Netto-Null-Ziele für finanzierte CO2-Emissionen in vier besonders kohlenstoffintensive Branchen angekündigt. Die vier Sektoren, die gemäß dem Pariser Klimaschutzabkommen bis 2050 Netto-Null-Emissionen erreichen sollen, sind Öl und Gas, Energieversorger, die Automobilbranche und Stahl. Dies sind nur zwei Beispiele, was wir als Bank tun.
Für unsere Kunden entwickeln wir die entsprechenden Produkte. Wichtig ist uns hierbei, für den Kunden auch Anreize zu schaffen. Um ein Beispiel zu nennen: Benötigt ein Kunde einen Kredit, so bieten wir ihm die Möglichkeit an, diesen an bestimmte ESG-Ziele zu koppeln. Werden die vereinbarten Ziele erreicht, muss er beim Zins einige Basispunkte weniger zahlen. Eine „win-win-Situation“, die sich insbesondere für den Kunden auszahlt.

„Nachhaltigkeit führt zwangsläufig zu Innovationen und aus diesen entstehen neue Arbeitsplätze. Das wird bei vielen Berechnungen vergessen, ist aber von immenser Bedeutung.“

Was ist ihr persönliches Ziel?

Dr. Gerald Podobnik: Nachhaltige Finanzierung ist in der Zwischenzeit nicht mehr in der Nische, sondern in der Breite angekommen. Ich möchte dazu beitragen, dass ESG sich in allen Bereichen und auf allen Ebenen bei unseren Kunden etabliert und fester Teil der Unternehmenskultur wird. Ohne geht es nicht.

Um den Klimawandel – dessen Auswirkungen längst spürbar sind – zu stoppen, sind enorme Investitionen notwendig. Deshalb setzen wir auf die Idee, dass auch privates Kapital nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit angelegt wird. Ziel des Clusters ist es, diese Bewegung weiter zu fördern.“

Hessischer Wirtschaftsminister, Tarek Al-Wazir