Ein Gastbeitrag von Jasmina Klein und Egbert Schark von d-fine zu MiNaBo: Nachhaltigkeitskennzahlen kleiner und mittlerer Unternehmen.
Wie die Transformation der Wirtschaft durch ein neutrales und faires Datenökosystem unterstützt werden kann
Kunden, Geschäftspartner, Behörden und Kreditinstitute werden zukünftig von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) regelmäßig unterschiedliche Umwelt- und Sozialkennzahlen abfragen. Die verschiedenen Anfragen zu bedienen, bedeutet für den Mittelstand einen hohen zeitlichen Aufwand. Hinzu kommt die Herausforderung für die KMU, die teilweise sensiblen Daten zum richtigen Zeitpunkt sicher an Berechtigte übermitteln zu müssen. Aus Sicht der Kreditinstitute besteht derzeit das Problem, die Daten in einer hohen Qualität zu erhalten. Durch eine Vielzahl mehr oder weniger unterschiedlicher Fragebögen der Kreditinstitute und kommerzieller Anbieter ist dies derzeit nicht gegeben.
Die Lösung dieser Probleme stellt ein standardisierter Fragebogen dar, der von den KMU zentral ausgefüllt wird und deren Weitergabe an die jeweiligen Kreditinstitute, Verbände oder Behörden über ein neutrales Daten-Ökosystem erfolgt. Die notwendigen Voraussetzungen dafür schafft die Applikation MiNaBo (Mittelstands-Nachhaltigkeits-Box). In Zusammenarbeit mit Kreditinstituten wird ein einheitlicher Nachhaltigkeits-Fragebogen speziell für KMU erarbeitet und stetig weiterentwickelt. Der Fragebogen besteht hierbei aus möglichst wenigen, durch das KMU leicht zu beantwortenden Fragen z. B. nach Energieverbrauch. Auf der anderen Seite sind aber alle relevanten Informationen enthalten, die die Finanzwirtschaft zur Erfüllung ihrer Vorgaben benötigt.

Die erhobenen Daten werden in sogenannten Daten-Schließfächern beim Datentreuhänder EuroDaT abgelegt. Über eine einfache Web-Applikation bestimmt das KMU, wer die hinterlegten Daten einsehen darf. EuroDaT stellt sicher, dass es keinen unbefugten Zugriff Dritter gibt und umgekehrt die berechtigten Kreditinstitute jederzeit die aktuellen Daten erhalten. EuroDaT als neutraler Datendienstleister und Gesellschaft des Landes Hessen stellt die vertragskonforme Nutzung der Daten sicher.
Das Ausfüllen des Fragebogens erfolgt durch die KMU über eine einfache Weboberfläche in der open-source Plattform „Dataland“. Dataland ist eine gemeinwohlorientierte Initiative für ein offenes Datenökosystem mit dem Schwerpunkt von Nachhaltigkeits-Informationen in ganz Europa.
Durch die Kombination der Dienste von EuroDaT und Dataland ist für das KMU der technische und zeitliche Aufwand des gesamten Prozesses von der Erfassung und Aktualisierung der Daten, der Speicherung bis hin zur Freigabe der Daten an die Kreditinstitute oder Verbände minimiert. Die Kreditinstitute profitieren von der einheitlichen Datenbasis und dem schnellen Zugriff auf vorhandene Daten z. B. bei Neukunden, ohne dafür eigene Fragebögen verschicken zu müssen.
Für die Bereitstellung der Infrastruktur durch EuroDaT und Dataland fällt insgesamt nur eine Nutzungsgebühr an. An den Daten selbst verdient weder EuroDaT noch Dataland etwas. Die Daten verbleiben im Eigentum des KMU. Für die KMU ist die Nutzung von MiNaBo kostenlos. Die Service-Gebühr wird von den Nutzern der Daten, also Kreditinstitute oder Verbände, übernommen.
Die Net Zero Banking Alliance Germany
In der Net Zero Banking Alliance Germany haben sich acht deutsche Banken zusammengeschlossen. Die beteiligten Finanzinstitute BNP Paribas, Commerzbank, Deutsche Bank, DKB, DZ Bank, ING, LBBW und Umweltbank engagieren sich für das Thema Sustainable Finance und haben sich dazu verpflichtet, ihre Portfolios klimaneutral und im Einklang mit den Pariser Klimazielen zu gestalten.
Das bedeutet, dass die mit Investitionen oder Krediten verbundenen CO₂-Emissionen in Übereinstimmung mit den Pariser Klimazielen bis auf netto null (net zero) in der Mitte des Jahrhunderts reduziert werden müssen.
Das Green and Sustainable Finance Cluster Germany unterstützt die Net Zero Banking Alliance Germany dabei, vorwettbewerbliche Grundlagen und Steuerungsansätze für klimaneutrale Investitions- und Kreditportfolios zu entwickeln.
Internationale Zusammenarbeit mit UNEP FI
Die NZBAG hat die Zusammenarbeit mit der NZBA von UNEP FI im Januar dieses Jahres formalisiert. Die globale Net Zero Banking Alliance (NZBA) von UNEP FI und die deutsche Net Zero Banking Alliance Germany (NZBAG) sind unabhängige Initiativen. Die in der Vergangenheit schon begonnene Zusammenarbeit wollen wir ausbauen und die Abstimmung von Inhalten intensivieren. Erfahren Sie mehr.

Beide Initiativen unterstützen Banken bei der Anpassung ihrer Investitions- und Kreditportfolios an das 1,5 Grad Klimaziel (NZBAG: „auf jeden Fall unter 2 Grad, im besten Fall 1,5 Grad“) und dem Erreichen der Klimaneutralität bis 2045 (NZBAG) beziehungsweise 2050 (NZBA). Der Schwerpunkt der Zusammenarbeit liegt auf der Harmonisierung internationaler Standards hinsichtlich der Messung und Steuerung der Klimawirkung von Kreditportfolios im Sinne der Pariser Klimaziele.
Der Fokus der Arbeit der NZBAG liegt auf der Entwicklung und Verprobung von Methoden, Mindestanforderungen und Rahmenwerken, um Portfolios an die Pariser Klimaziele anzupassen. Grundlage hierfür ist die Klima-Selbstverpflichtung des deutschen Finanzsektors. Bis Ende 2022 wollen die unterzeichnenden Banken wissenschaftliche Klimaziele für besonders klimarelevante Sektoren festlegen und ab 2023 über die Fortschritte bei der Erfüllung der Ziele berichten. Das primäre Ziel der Zusammenarbeit in der NZBAG ist die Nähe zum operativen Geschäft und die praktische Anwendung der Arbeitsergebnisse durch die teilnehmenden Kreditinstitute.
NZBAG Update 2022
Die acht Mitgliedsbanken der Net Zero Banking Alliance Germany arbeitet nun seit knapp einem Jahr an der operativen Umsetzung von Klimaschutzmaßnamen in und durch Banken. Zum Jahresstart 2022 werfen wir einen Blick auf die bisherigen Ergebnisse und beschreiben die Ziele für dieses Jahr.
Diskussionspapier: Grundlagentraining zur Klimatransformation
In dem Diskussionspapier „Employees fit for Paris: Upskilling in Banken für ein klimaneutrales Deutschland 2045“ schlägt die NZBAG einen Lehrplan für ein Training für Bankmitarbeitende zur Klimatransformation vor. Ziel des Papiers ist es, Minimumstandards für ein grundlegendes Training zum Thema Klimawandel und die Rolle und Möglichkeiten von Banken bei der Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu etablieren. Der Lehrplan wurde in Zusammenarbeit mit erfahrenen Praktikern aus acht an der NZBAG teilnehmenden Banken entwickelt.
EU Taxonomie – Messgröße für positive Beiträge zur Klimatransformation
Die Entwicklung der EU Taxonomie in den Bereichen Klimaschutz und Klimaanpassung ist weitestgehend abgeschlossen. Offen ist weiterhin, ob und inwiefern fossiles Gas und Kernenergie in der EU Taxonomie als grün definiert werden sollen. In der Diskussion um diese Punkte, sollten die Prinzipien der EU Taxonomie der Technologieneutralität und der Wissenschaftlichkeit gewahrt werden. Diese Prinzipien sind aus Sicht der der Net Zero Banking Alliance Germany wichtig, um eine einheitliche Messgröße für positive Beiträge zur Klimatransformation zu erhalten.
Diskussionspapier: Lending to a climate neutral Germany by 2045
In dem Diskussionspapier „Lending to a climate neutral Germany by 2045“ fasst die NZBAG ihre Position zur Steuerung der Kreditportfolios im Einklang mit den Pariser Klimazielen zusammen. Ziel des Papiers ist es, Ansätze zur Messung der Ausrichtung von Kreditportfolios an Paris-kompatiblen Transformationspfaden zu harmonisieren.
Der Bericht enthält NZBAG-Positionen zu folgenden Themen:
- Strategischer Banksteuerungsansatz, der übergeordnete Klimaziele und das operative Bankgeschäft verbindet;
- Einführung des Climate Action Portfolio Indicator (CAPI) und des Climate Action Sector Indicator (CASI) als Indikatoren zum Benchmarking und Vergleich der Klimaambitionen von Banken, die unterschiedliche Alignment-Methoden verwenden;
- Mindestanforderungen für Klimaszenarien zur Steuerung von Kreditportfolios im Rahmen der Klimaselbstverpflichtung;
- Empfohlene Szenarien zur Steuerung der globalen und deutschen Kreditportfolios im Rahmen der Klimaselbstverpflichtung;
- Den Vorschlag, die EU-Taxonomie als Messgröße für positive Klimawirkung zu verwenden.
Auf Basis dieses Diskussionspapiers möchte die NZBAG einen aktiven und abgestimmten Engagement-Ansatz für den deutschen Bankensektor mit seinen Kund:innen aus der Realwirtschaft entwickeln. Endgültige Ergebnisse der Arbeit der NZBAG sind bis Ende 2022 zu erwarten.
Das NBZAG bittet um Feedback von interessierten Stakeholder:innen und begrüßt den Austausch über ihre dargelegten Positionen.
Den vollständigen Bericht (nur auf englisch verfügbar) finden Sie hier.
Anfang
2021
Gemeinsame Projektcharta und Zieldefinition
Kick-Off der Arbeitsgruppen
Mitte
2021
Empfehlungen zur Portfoliosteuerung, Beginn der sektoralen Arbeit
Empfehlungen zu Mindeststandards Qualifizierung
Grundlagen KPI Implementierung
Mitte
2022
Empfehlungen zur Portfoliosteuerung, Beginn der sektoralen Arbeit
Empfehlungen zu Mindeststandards Qualifizierung
Grundlagen KPI Implementierung
Ende
2022
Abschluss der sektoralen Arbeit und Empfehlungen zur Operationalisierung
Abschließende Berichterstattung und Standards
„Um den Klimawandel – dessen Auswirkungen längst spürbar sind – zu stoppen, sind enorme Investitionen notwendig. Deshalb setzen wir auf die Idee, dass auch privates Kapital nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit angelegt wird. Ziel des Clusters ist es, diese Bewegung weiter zu fördern.“
Hessischer Wirtschaftsminister, Tarek Al-Wazir