Dr. Andreas K. Gruber

Leiter Public Affairs & Nachhaltigkeit – DKB AG

Sustainable Finance – was ist das für Sie?

Dr. Andreas K. Gruber: Für mich bedeutet Sustainable Finance in erster Linie, dass sich Banken und Finanzmarktakteure ihrer Rolle bewusst sind, dass sie Finanzströme lenken und damit über einen entscheidenden Hebel verfügen, ob die nachhaltige Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft gelingt. Keine Bank ist gezwungen, morgen ein Kohlekraftwerk in Europa oder übermorgen einen Staudamm im Amazonas zu finanzieren. Wir haben das selbst in der Hand. Meine Kolleg*innen und ich freuen uns jeden Tag, bei einer Bank wie der DKB zu arbeiten, die das nicht macht, sondern lieber Erneuerbare Energien und Kitas finanziert. Insgesamt handeln wir als Bank nachhaltig, wenn unsere Finanzierung im Einklang mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen oder dem Pariser Klimaschutzabkommen sind.

Sustainable Finance heißt aber auch, dass man die Realwirtschaft bei der Transformation unterstützt – und nicht bestimmten Branchen mit Transformationsbedarf den „Stecker zieht“. Und für mich persönlich und für die ganze DKB ist das „sustainable“ viel mehr als nur „green“. Wir dürfen das Thema nicht nur auf Umwelt- und Klimaschutz verkürzen.

Was ist für Sie der Schlüssel für die erfolgreiche Weiterentwicklung der Sustainable Finance-Bewegung?

Gruber: Ich sehe hier drei Punkte. Erstens: Wir müssen das Thema aus der Nische holen. Wir erreichen unsere ambitionierten Ziele als Staat, Wirtschaft oder Gesellschaft nur, wenn möglichst alle Menschen mitmachen, nicht nur ein elitärer Zirkel in Metropolen, sowie alle Teile der Realwirtschaft, vor allem aber die mit hohem Transformationsbedarf – und am Ende auch alle Banken und Finanzmarktakteure, nicht nur eine kleine Avantgarde.

Zweitens: Wir müssen bei Sustainable Finance genau hinschauen und uns auf das Wesentliche konzentrieren. Ich werde immer skeptisch, wenn Finanzmarktakteure ausschließlich von ihrem eigenen CO2-Ausstoß in ihrem Geschäftsbetrieb sprechen oder anfangen, Bäume zu pflanzen. Wir brauchen weniger Greenwashing und mehr Integration von Nachhaltigkeit in die Kernprozesse einer Bank – von der Konzernstrategie über die Kreditvergabe und das Risikomanagement bis hin zu den Governance-Strukturen. Nachhaltigkeit muss runter vom Sonnendeck der Hochglanzbroschüren und rein in den Maschinenraum der Finanzmarktakteure.

Und drittens müssen wir Sustainable Finance insgesamt als Daten-Thema begreifen und mit dem Mega-Thema Digitalisierung verbinden. Ohne die Erhebung und Auswertung von relevanten ESG-Daten können wir weder Risiken erkennen und managen noch unsere Portfolien in Einklang mit dem Pariser Klimaschutzabkommen bringen. Auch ambitionierte Vorhaben wie die Taxonomie können nur mit der entsprechenden Datengrundlage gelingen.

Welche Rolle spielt hier die DKB?

Gruber: Wir sind davon überzeugt, dass wir die nachhaltigste Bank unter den Top20 Banken in Deutschland sind und wollen diesen Platz verteidigen. Wir wollen den Beweis erbringen, dass man überaus erfolgreich sein kann – nicht, obwohl wir uns nachhaltig ausrichten, sondern gerade weil Nachhaltigkeit Teil unserer DNA ist. Und: Wir haben die Größe, um Nachhaltigkeit noch mehr aus der Nische zu holen und für alle Kunden und Kundinnen erfahrbar und erlebbar zu machen. Das tragen wir mit unserer #geldverbesserer-Kampagne erfolgreich nach innen und außen.

Wir wollen weiter die Bank mit dem höchsten Anteil an ESG-konformen Krediten unter den Top20 sein. Wir werden mit unseren Geschäftskunden die Erneuerbaren Energien voranbringen und die soziale Infrastruktur stärken. Und unsere knapp 5 Millionen Privatkund*innen sollen viele nachhaltige Produkte bei uns finden, beispielweise spezielle Nachhaltigkeitsfonds oder Anlagemöglichkeiten bei nachhaltigen Projektfinanzierungen.

„Das treibt mich an – die ethisch-moralische Verantwortung, aber auch zu beweisen, dass Banken damit auch – oder vielleicht sogar nur damit – ökonomisch erfolgreich sein können.“

Was ist ihr persönliches Ziel?

Gruber: Als Leiter Nachhaltigkeit ist es mein Ziel, dass die DKB eine Bank ist, die Nachhaltigkeit als integralen Bestandteil ihrer DNA und vor allem ihres Geschäftsmodells begreift. In den letzten Jahren haben Banken nicht immer alles richtiggemacht. Sie haben jetzt die Chance, sich selbst neu zu erfinden und mit ihrer Tätigkeit einen Beitrag zu einer positiven Entwicklung unserer globalen Wirtschaft und Gesellschaft zu leisten.

Das treibt mich an – die ethisch-moralische Verantwortung, aber auch zu beweisen, dass Banken damit auch – oder vielleicht sogar nur damit – ökonomisch erfolgreich sein können. Oder anders formuliert: Ich will mit gutem Gewissen sagen können: „Ja, ich bin Manager in einer Bank – und ich unterstütze gemeinsam mit meinem Team die Transformation zu einer nachhaltigeren Wirtschaft und Gesellschaft.“