Matthias Hellstern

Managing Director – Moody’s

Sustainable Finance – was ist das für Sie?

Matthias Hellstern: Sustainable Finance ermöglicht es Unternehmen, ihre Geschäftsmodelle und ihren Kapitalbedarf mit Nachhaltigkeits- und ESG-Zielen, wie Dekarbonisierung, Klimaresilienz oder sozialen und Governance-Zielen, in Einklang zu bringen. Insofern kann Sustainable Finance eine zentrale Rolle dabei spielen, den Transformationsprozess zu einer grünen und nachhaltigen globalen Wirtschaft zu fördern.

Was ist für Sie der Schlüssel für die erfolgreiche Weiterentwicklung der Sustainable Finance-Bewegung?

Hellstern: Moody’s geht davon aus, dass sich das rasante Wachstum bei nachhaltigen Finanzierungsangeboten fortsetzen wird: 2021 wurde erstmals die 1-Billionen-Dollarmarke an globalen nachhaltigen Schuldtitelemissionen überschritten. In den letzten Jahren haben wir in Bezug auf die Angebotspalette auch vermehrt Innovationen und eine stärkere Diversifikation festgestellt – angefangen bei grünen über sozial ausgerichtete bis hin – gerade in jüngster Zeit – zu Sustainability-Linked Bonds.

Derartiges Wachstum, Diversifikation und auch das zunehmende Interesse seitens einer größeren Bandbreie an Emittenten und Investoren gehen mit einem steigenden Maß an sorgfältiger Prüfung durch die Marktteilnehmer einher. Diese benötigen transparente und präzise Bewertungen, die detaillierte Einblicke in die Nachhaltigkeitskriterien der Anleiheemissionen oder Kreditausreichungen von Organisationen bzw. deren breiter gestreuten Aktivitäten liefern. Am Sustainable-Finance-Markt wird es kontinuierliche Verbesserungen bei den Key Performance Indicators, dem Reporting und den damit verbundenen Standards geben müssen.

Die Weiterentwicklung der Sustainable-Investment-Bewegung wird zudem eine systematischere Berücksichtigung der Auswirkungen von ESG-Aspekten – Umwelt, Soziales und Governance – auf die Kreditqualität erfordern. In den letzten Jahren hat Moody’s die Transparenz darüber erhöht, wie wesentliche ESG- und Klimaüberlegungen in seine Kreditanalysen einbezogen werden. Dazu gehört die Verwendung segmentspezifischer Heat Maps und ESG Credit Scores, die auf Branchen- und Emittentenebene aufzeigen, wie wesentlich ESG-Aspekte für die jeweilige Bonität bzw. Kreditqualität sind. Unsere neueste Environmental Heat Map beispielsweise identifizierte 15 Wirtschaftszweige mit 4,2 Billionen US-Dollar an gerateten Verbindlichkeiten, die in hohem oder sehr hohem Maße Umweltrisiken ausgesetzt sind. Darüber hinaus führen wir ESG-Scores für Schuldtitelemittenten weltweit ein, darunter für Staaten, regionale und lokale Gebietskörperschaften, Industrieunternehmen, Finanzinstitute und multilaterale Förder- und Entwicklungsbanken, die beurteilen, inwiefern ein Emittent ESG-Faktoren ausgesetzt ist und welche Auswirkungen diese auf seine Ratings insgesamt haben.

Welche Rolle spielt Moody‘s dabei?

Hellstern: Als Anbieter von integrierten Risikobewertungen kann Moody’s seine umfangreiche Expertise in den Bereichen ESG, Klima und Naturkatastrophen mit seiner langjährigen Erfahrung auf dem Gebiet der Modellierung von Finanzrisiken und ihren wirtschaftlichen Folgen verknüpfen. Dadurch können wir ein breites Spektrum an Lösungen bieten, die Unternehmen dabei unterstützen, den Aspekt der Nachhaltigkeit in ihre Geschäftsentscheidungen einfließen zu lassen.

Unsere innovativen Second Party Opinions (SPOs) zu Green, Social oder Sustainability-Linked Bonds und Krediten etwa tragen zu größerer Klarheit darüber bei, wie sich die Erlöse auf die Nachhaltigkeit auswirken und inwiefern sie mit strategischen Rahmenkonzepten und marktüblichen Standards vereinbar sind.

Moody’s arbeitet zudem mit branchenweiten Initiativen wie der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) und der Taskforce on Nature-related Financial Disclosures (TNFD) zusammen, um geeignete Rahmenwerke und Standards für die Berichterstattung entwickeln zu helfen.

„Es ist mein Ziel, über meine Arbeit bei Moody’s die Bedeutung der Transformation in eine emissionsfreie Welt zu unterstützen.“

Was ist ihr persönliches Ziel?

Hellstern: Es ist mein Ziel, über meine Arbeit bei Moody’s die Bedeutung der Transformation in eine emissionsfreie Welt zu unterstützen. Dies erfolgt durch meine Beteiligung am GSFCG, aber auch durch die Ansprache von und Diskussion mit Unternehmensvertretern über ihre Strategien, wie die Transformation erreicht werden kann. Es ist auch für uns wichtig zu verstehen, was die Transformation behindern könnte oder was auch bei den Rahmenbedingungen geschehen muss, um die Transformation erfolgreich umsetzen zu können. Dazu gehört auch, dass diese Erkenntnisse in Gremien, wie dem GSFCG, aber auch in andere Gremien weitergetragen werden. Dies soll helfen, die Rahmenbedingungen so anzupassen, dass eine Transformation gelingt, bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit – und dadurch auch Bonität – der Unternehmen.

Um den Klimawandel – dessen Auswirkungen längst spürbar sind – zu stoppen, sind enorme Investitionen notwendig. Deshalb setzen wir auf die Idee, dass auch privates Kapital nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit angelegt wird. Ziel des Clusters ist es, diese Bewegung weiter zu fördern.“

Hessischer Wirtschaftsminister, Tarek Al-Wazir